Migräne – das Gewitter im Kopf

  • Schmerzen

Migräne ist weit verbreitet

Eines der gewaltigsten Werke der Musikgeschichte verdanken wir der Migräne: In seiner Oper „Siegfried“ inszenierte Richard Wagner mit hämmernden Pauken und nervösem Geigengekreische einen schweren Migräneanfall. Auch wenn wir heute mehr über das quälende Kopfgewitter wissen als zu Wagners Zeiten, sind noch viele Fragen ungeklärt. Mittlerweile gibt es aber bewährte Methoden zur Linderung und Vorsorge.

Der Kieler Neurologe, Schmerztherapeut und Psychologe Prof, Dr. Hartmut Göbel traute seinen Ohren nicht, als er zum ersten Mal Richard Wagners Oper „Siegfried“ hörte. Seine Nachforschungen zeigten: Der große Komponist litt zeitlebens an „nervösen Kopfschmerzen“.  Wie Richard Wagner ergeht es jedem Zehnten in Deutschland mindestens einmal im Leben, Frauen dabei häufiger als Männern: 13 Prozent der Frauen und 7 Prozent der Männer leiden regelmäßig unter Migräneanfällen. Am häufigsten attackiert das unerträgliche Wummern die Betroffenen zwischen dem 25. und 35. Lebensjahr. Aber auch Kinder können unter Migräne leiden.

  • 350.000
    In Deutschland treten täglich rund 350.000 Migräneanfälle auf
  • 5
    Jede fünfte Frau hat im Laufe ihres Lebens Migräne
  • 180 n.Chr.
    der griech. Arzt Galen beschreibt Migräne
  • 4-5%
    aller Kinder leiden unter Migräneattacken
  • 3.000 v.Chr.
    erste Zeugnisse über Migräne auf Papyrusrollen
  • 35-45
    Zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr kommen Migräneattacken am häufigsten vor
  • 7%
    der Männer leiden regelmäßig unter Migräne

Den Ursachen auf der Spur

Was passiert eigentlich während einer Migräne? Und wie kommt es überhaupt zu dem gewaltigen Gewitter im Kopf? Erst seit einiger Zeit kommen die Forscher dem weit verbreiteten Leiden auf die Spur. Sie nehmen an, dass Nervenzellen im Gehirn übermäßig aktiv werden. Dadurch werden bestimmte Botenstoffe, unter anderem Serotonin, zu schnell an die Blutgefäße abgegeben: Sie entzünden sich, jeder Pulsschlag führt zu starken Schmerzen. Die übereifrigen Nerven liegen vermutlich in der Familie: Jüngere Studien weisen auf eine genetische Veranlagung für Migräne hin.

Sicher sind sich die Forscher, dass die Anstifter der Nervensalven, die so genannten Trigger, bei jedem Betroffenen andere sein können. Stress, stressbedingter Schlafmangel, Alkohol, hormonelle Veränderung (zum Beispiel kurz vor der Menstruation) und Reizüberflutung gehören häufig zu den Übeltätern. Migräniker, die den quälenden Attacken ausweichen wollen, sollten daher ihre persönlichen Trigger kennen und sie meiden. Als gute Strategien gegen Migräneanfälle haben sich moderater Ausdauersport wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren erwiesen. Auch Entspannungsübungen und eine geregelte Lebensweise mit regelmäßigen Bett- und Aufstehzeiten können einer Migräne entgegen wirken. Generell kann ein „entschleunigter“ Alltag Migränepatienten weniger anfällig für Attacken machen. Auf dass sie in Zukunft einen schweren Migräneanfall möglichst nur noch als Inszenierung in der Oper erleben.

Jede Migräne verläuft anders

Welche Symptome im Einzelnen den Betroffenen quälen, kann sich von Fall zu Fall stark unterscheiden. Dies erschwert die Diagnose, zumal es keinen Test zum eindeutigen Nachweis einer Migräne gibt. Ärzte können sich nur darauf stützen, was der Patient schildert. Um möglichst detailliert Auskunft geben zu können, empfiehlt es sich daher bei Verdacht auf Migräne eine Zeitlang ein Tagebuch über seine Symptome zu führen.

Klassischerweise läuft eine Migräne in vier Phasen ab. Sie müssen allerdings nicht notwendig bei jedem Patienten und jedem Anfall auftreten und können auch unterschiedlich lange dauern.

4 Migränephasen

Müdigkeit

Phase 1

Gereiztheit, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen oder eine Licht- und Lärmempfindlichkeit kündigen oft eine Migräne mehrere Stunden oder sogar Tage zuvor an.

Schwindel

Phase 2

Unmittelbar vor der Attacke kann es in einigen Fällen zu visuellen Wahrnehmungsstörungen, Kribbelgefühl, Lähmungen und Schwindel kommen. Eine derartige Aura dauert in der Regel maximal eine Stunde an.

Kopfschmerz

Phase 3

Dann setzt die eigentliche Attacke, die so genannte Kopfschmerzphase, ein. Jedes Geräusch, jeder Lichtstrahl schmerzt, jede Bewegung wird zur Qual; Gerüche, die man sonst kaum wahrnimmt, verursachen Brechreiz. Ein Migräneanfall setzt Betroffene für mindestens einen, oft bis zu drei Tage außer Gefecht.

Erholung

Phase 4

Nach Abklingen der Schmerzen fühlen sich die Betroffenen müde und abgespannt. Bis zur vollständigen Erholung vergehen meist bis zu 24 Stunden.

Was tun bei einer Migräneattacke?

Bricht die Migräne über die Betroffenen herein, hilft in der Regel nur eins: sich in einen abgedunkelten Raum zurückzuziehen, zu schlafen und das unerträgliche Hämmern mit Schmerzmitteln zu lindern. Gegen Übelkeit helfen entsprechende Arzneimittel (Antiemetika). Bei schweren Anfällen haben sich Triptane bewährt. Sie greifen direkt in den Stoffwechsel ein und verengen die Blutgefäße. Ihre Wirkung ist am zuverlässigsten, wenn sie bei einem Anfall frühzeitig eingenommen werden.

Migräne und weiblicher Zyklus

Vor der Menstruation nimmt der Gehalt des Hormons Östrogen im Blut ab. Dies kann ebenfalls Migräne auslösen. Man spricht dann von „Menstrueller Migräne“. Sie kommt bei 14 Prozent der Migränikerinnen vor.

Migräne bei Kindern

Häufig wird Migräne bei Kindern nicht erkannt und deshalb falsch behandelt, weil sie anders verläuft als bei Erwachsenen. Typisch sind Übelkeit, Bauchschmerzen und Erbrechen, manchmal sogar ohne Kopfschmerzen. Die Attacken sind kürzer als bei Erwachsenen, dauern aber mindestens eine Stunde.

Weiterführende Links:

www.dmkg.de
Internetseite der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V.

www.gesundheitsinformation.de
Internetseite des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum Thema Migräne.

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